Hohen Besuch haben am Freitag 30 Schüler der Wetzlarer Goetheschule empfangen. Michael Boddenberg (CDU), hessischer Staatsminister für Bundesangelegenheiten, war Gast der beiden Leistungskurse „Politik und Wirtschaft“ (PW) der Jahrgangsstufe 12. Eine gute Stunde lang diskutierte Boddenberg mit den Schülern intensiv über Energiepolitik, Staatsverschuldung oder den deutschen Umgang mit den Aufständen in Nordafrika.
Ergeben hatte sich der Besuch aus einem Projekt, an dem die PW-Kurse bereits im November beteiligt waren. Damals hatten die Schüler die Möglichkeit per Live-Schaltung aus Wetzlar mit Boddenberg, der sich in Berlin befand, zu diskutieren. Selbstkritisch stellten Schüler und Lehrer damals fest, dass Spontaneität, kritisches Nachhaken und präzises Fragen ihrerseits deutlich zu kurz kamen. Als mögliche Ursache sahen sie damals das unvertraute Medium einer Live-Diskussion per Kamera, durch das keine wirkliche Verbindung zu dem Politiker aufgebaut wurde.
Als Konsequenz war es Boddenbergs Büro selbst, dass sich nur wenige Stunden nach der Schaltung meldete und anbot, der Minister könne die Goetheschule doch auch einmal persönlich besuchen. „Das fanden wir ganz toll“, sagt Hildegard Schnelling, PW-Lehrerin an der Goetheschule, und gemeinsam mit Kollegin Nina Schmidt verantwortlich für das Projekt.
Ein Termin war schnell vereinbart, die Zeit bis zum Besuch des Staatsministers nutzten Schüler und Lehrer gemeinsam zur intensiven Vorbereitung. Neben der inhaltlichen Bearbeitung von den Schülern selbst gewählter Themen, übten die PW-Kurse nun auch rhetorische Kniffe, etwa das geschickte Unterbrechen von Politiker-Monologen, oder das präzise Nachhaken ein.
Das beeindruckende Ergebnis zeigte sich am Freitag: Selbstbewusst gingen die Goetheschüler in das Gespräch, kritisch hinterfragten sie Boddenbergs Aussagen zu Öko-Strom und den Kosten, hakten nach bei atomarer Endlager-Problematik oder dem jüngsten rasanten Meinungswechsel seiner Partei in Sachen Atomenergie. Keine langen Monologe, kaum ein Ausweichen oder eine Ungenauigkeit ließen sie dem Politikprofi durchgehen. Der zeigte sich allerdings seinerseits äußerst kooperativ und ging bereitwillig auf die Schülerfragen ein – und das in den meisten Fällen sehr konkret und ohne ausweichende Phrasen.
Schmidt und Schnelling zeigten sich dementsprechend stolz auf ihre Schüler: „Sie haben ein gesundes Misstrauen gegenüber der Politik gezeigt und nehmen nicht alles als gegeben hin“, resümierte Nina Schmidt. Sehr zufrieden waren beide Lehrerinnen aber auch mit der guten und respektvollen Atmosphäre des Gesprächs, an dessen Ende sich die Kurse mit Gastgeschenken bei Boddenberg für sein Engagement bedankten: ein Präsentkorb mit fair gehandelten Produkten aus dem Eine-Welt-Kiosk der Goetheschule, ein T-Shirt der Goetheschule – das der Minister versprach zu tragen – und eine Holzschnecke, als symbolische Anspielung auf Max Webers Zitat, dass Politik „ein starkes, langsames Bohren von harten Brettern“ sei.